Dieses während des ersten Lockdowns 2020 entstandenen Werk symbolisiert das Eingesperrtsein des Menschen in einer unbekannten Welt, wo jede Orientierung fehlt. Auf dem ersten Blick sind drei Körper zu erkennen, gefesselt, eingekreist, voneinander getrennt. Einsame Wesen, in einem zersplitterten Leben. Fülle an Formen und Zeichen, Feuerwerk der Farben. Alles wirkt krampfhaft, gequält, bedrohlich in diesem Werk, wo die Spannung deutlich zu spüren ist.
Der Titel "Psychose" verweist auf eine psychische Erkrankung, eine ungewöhnliche seelische Verfassung. Die „Psychose" spiegelt einen Zustand der tiefen Krise wider, die der „Norm“ entweicht und alle Bezugspunkte verschwinden lässt. Isoliert von seinen Mitmenschen wird sich der Mensch selber zum Fremden.
Nicht selten entspringen Bernard Brissons Kunstwerke intimen Erfahrungen, die uns dennoch alle ansprechen. Hier wird die Intimität des in seiner Bewegungsfreiheit beeinträchtigten Körpers zu einem sozialen Körper, dem die Geschehnisse stark zugesetzt haben.

SCHLOSS MUSEUM CHAMARANDE  Ausstellung "rencart" Conseil régional de l'Essonne 2020

CONFINES

Schließlich gewinnt jedoch die Inspiration des Künstlers die Oberhand: vom Pinsel durchwühlte Visionen und Intuitionen, die von der Farbe sublimiert werden. Die „Psychose" wirkt plötzlich majestätisch, exzessiv, eine Lebenskraft im Dienste einer legitimen Wut, die den Betrachter unwiderruflich in ihren Bann zieht. Das Kunstwerk soll den Blick des Anderen provozieren, ihn dazu animieren, seinen Blickwinkel zu erneuern. Die Leinwand wird somit zu einem Experimentierfeld, in dem sich nicht nur sichtbare sondern vielmehr sinnliche Ereignisse abspielen. Es geht darum, sich vom Bild selber zu lösen, um sich ganz der künstlerischen Energie hinzugeben, die das Werk durchströmt. In „Psychose" erzeugt die nervöse Dichte der Körper, gepaart mit der Intensität der gewählten Farbtöne und dem Wechselspiel von Linien und flächigen Bereichen, einen Schock, der beim Betrachter ein starkes Gefühl des Moskenstraumens hervorruft.
Als Künstler hat Bernard-Jacques Brisson nicht den Anspruch, Antworten zu geben. Ihm geht es vielmehr um die Fragen. Kunst als Reaktion auf das Weltgeschehen. „Psychose" gibt in dieser Hinsicht ein eindringliches Statement ab.